Kollektive Verzückung. Anders kann man wohl kaum  bezeichnen, was sich am Abend des 28. Mai 1997 auf dem Dortmunder Friedensplatz abspielte. Und als dann etwa um 22.30 Uhr Moderator Gerd  Kolbe  per Lautsprecher den über 30.000 BVB-Fans etwas mitteilte, was alle schon wussten, aber so gern noch einmal “offiziell” hörten, da öffnete sich der siebte Himmel des Fußballglücks:”Liebe Freunde! Unser BVB, unsere Borussia Dortmund ist Champions-League-Sieger 1997. Der BVB ist die beste Vereinsmannschaft Europas!”

Dabei spielte sich das eigentliche Geschehen knapp 750 Kilometer südlich ab. Im Münchener Olympiastadion traf der BVB im Endspiel um den legendären Pokal der europäischen Landesmeister auf die “alte Dame Juve” - nach grandiosen Siegen u. a. gegen Auxerre und Manchester United. Insbesondere die beiden Halbfinalspiele gegen ManU gehören mit zu den ganz großen Matches des BVB. Rene Tretschows Traumtor und Siegtreffer von Dortmund dürfte unvergesslich sein und bleiben.

Juve war sicherlich leichter Favorit im Kampf um Europas Fußballkrone. Aber der BVB war ebenfalls regelrecht gespickt mit Weltklassefußballern wie Kohler, Sammer, Riedle, Sousa, Reuter, Möller oder Chapuisat. Leider fehlte mit Julio Cesar einer der wichtigsten Abwehrrecken. Martin Kree nutzte die Gunst der Stunde, vertrat den großen Julio sehr respektabel und avancierte dadurch zum Champions-League-Sieger von München.

Jeder echte BVB-Fan kennt den Spielverlauf: Die beiden ersten Tore von Kalle Riedle - eins per Kopf, eins per Fuß - in unnachahmlicher Manier noch vor der Halbzeitpause. Das Zittern nach dem Anschlusstreffer der Turiner durch Alessandro del Piero in der 2. Halbzeit und dann die Einwechslung von BVB-Eigengewächs und Youngster Lars Ricken, der, gerade Sekunden auf dem Platz, den Ball nach feinem Anspiel von Möller aus gut 20 Metern ins Tor hebt und sich damit bei den BVB-Fans unsterblich macht.

Dieses Tor erinnert ein wenig an den Treffer, mit dem einst Reinhard “Stan” Libuda den BVB 1966 gegen den FC Liverpool zum ersten deutschen Europapokalsieger geschossen hatte.
Mannschaftskapitän Michael Zorc, Minuten vor dem Abpfiff eingewechselt, kann stolz den begehrten Landesmeisterpokal entgegennehmen.

Nach dem Schlusspfiff spielen sich im Olympiastadion und in der Dortmunder City bewegende Szenen ab. Sie werden am Tag der Ankunft der Mannschaft noch durch den Autokorso und die gigantische Siegesfeier auf dem “Platz des irdischen Fußballglücks”, wie der Friedensplatz von einem freudetrunkenen Fan umbenannt wird, übertroffen. Hunderttausende feiern ihre Borussia!
Ein besonderer Augenblick ist fraglos gekommen, als Coach Ottmar Hitzfeld mit Tränen in den Augen bekundet: „Ich bin stolz, ein Dortmunder zu sein!“ Und Oberbürgermeister Günther Samtlebe stellt fest: “Der Pokal ist in Dortmund, ist im Ruhrgebiet, ist in Westfalen. Danke BVB. Glückauf!“

Und im Advent 1997 verschickt der stolze Oberbürgermeister an viele Freunde*innen in aller Welt, unter ihnen Franz Beckenbauer und der Papst, seine legendären „Weihnachtsgrüße aus der Welthauptstadt des Fußballs!“