Nach unzähligen Jahren mit Dauerkarte auf der Süd waren ich und meine Kumpels Ende der 80er / Anfang der 90er immer weniger angetan von den Zuständen dort. 

Dieser Text ist ein eingereichter Beitrag zum 50. Jubiläums des Westfalenstadions.

Regelmäßig waren die Blöcke völlig überfüllt, man kam kaum rein und wenn man einmal drin war, kam man nicht wieder raus - nicht schön bei Durst und/oder Harndrang. Außerdem machten sich immer häufiger irgendwelche "Jungspunde" auf unseren angestammten Plätzen breit, was die Situation nicht angenehmer machte.

Also beschlossen wir, mit einer größeren Gruppe ab der kommenden Saison 1992/93 in einen Sitzplatzblock zu wechseln. Zu diesem Zeitpunkt war das Stadion noch nicht ausgebaut und fasste gerade mal 54000 Zuschauer. Das Problem dabei war, dass bereits sehr viele Blöcke mit Dauerkarten belegt waren und es in der gewünschten Menge nirgendwo mehr zusammenhängende Plätze gab. Das kam von BVB die erlösende Nachricht, dass zur neuen Saison noch ein letzter Block (47, Osttribüne) für Dauerkarten freigegeben würde. Das war unsere Chance! Mittlerweile war unsere Gruppe auf 20 Leute angewachsen, und so bedurfte es einer genauen Planung. Erst einmal wurde in einer Nacht- und Nebel-Aktion in Block 47 "probegesessen". Schließlich durfte uns ja keiner der Pfeiler (die damals noch das Dach abstützten) die Sicht auf die Strafräume oder die Ecken nehmen. Also wurden die gewünschten Reihen- und Platznummern akribisch notiert und die Logistik für den entscheidenden Vorverkaufs-Tag wurde in Angriff genommen.

Wir mussten definitiv die ersten an der Geschäftsstelle sein, die sich damals noch unter der Nordtribüne befand, denn hätte sich irgendwer vor uns einen unserer Auswahlplätze geschnappt, wäre alles für die Katz' gewesen. Also erschienen die ersten unserer Gruppe am 24.05.1992 (Sonntag) abends um 18:00 Uhr mit Klappstühlchen und Verpflegung und besetzten den Eingang. Wir waren tatsächlich die ersten, das war also schon mal geschafft! Im 3-Stunden-Takt wurde dann der Schichtbetrieb aufgenommen, und für die Nachtschichtler wurde sogar ein Wohnmobil von einem Bekannten organisiert, in dem dann auch abwechselnd geruht werden konnte. Zum Glück gab es unter der Westtribüne damals noch eine Stadiongaststätte, die sogar geöffnet hatte, weil die Handball-Damen dort ihren 1. Platz in der 2. Bundesliga Mitte feierten. Hier konnten sich die ersten Mitstreiter noch mit frisch gezapftem Bier versorgen. Meine Schicht begann dann am nächsten Morgen, ich hatte die Aufgabe das Frühstück mitzubringen und - was viel wichtiger war - das Geld, denn bezahlen wollten wir in bar.

Um 09:00 Uhr war es dann endlich so weit, die Geschäftsstelle öffnete ihre Pforten! Nun war ich mit sämtlichen Unterlagen von 20 Leuten und einem Riesenhaufen Bargeld nicht nur der erste am Schalter, sondern ich war auch der allererste Kunde, dessen Angelegenheit beim BVB jemals per EDV abgewickelt werden sollte. Noch in der Vorsaison wurden sämtliche Ticketangelegenheiten "händisch" bearbeitet (ein Zeugnis davon - die "Stecknadeltribüne" von Walter Maahs - hängt heute im Borusseum). Doch es kam, wie es kommen musste, die EDV funktionierte zunächst einmal nicht wie gewünscht. Und um den Betrieb nicht unnötig aufzuhalten, sollte ich nun einfach alle unsere Unterlagen dort lassen und mir wurde versichert, dass im Nachgang alles wie gewünscht bearbeitet würde. Bezahlen sollte ich natürlich dann auch erst später. Das war natürlich erst einmal eine ziemliche Enttäuschung, nachdem alles bis hierher so gut geklappt hatte. Aber alle unsere Bedenken waren umsonst - es wurde dann noch in der laufenden Woche tatsächlich alles zu unserer vollsten Zufriedenheit abgewickelt und am Ende hielten wir alle unsere gewünschten neuen Sitzplatz-Dauerkarten in Händen!

Uwe