Stichtag 10.10.2023:
Reinhard „Stan“ Libuda vor 80 Jahren geboren
Hampden-Park zu Glasgow, 5. Mai 1966. Der BVB spielt gegen den hohen Favoriten FC Liverpool im Endspiel um den Europacup der Poksalsieger. 40.000 Besucher sind dabei, davon gut 2.000 aus Dortmund.
Das Spiel steht nach 90 hochspannenden Minuten nach Toren von Siggi Held und Roger Hunt 1:1-Unentschieden. Die logische Folge: Die Partie geht in die Verlängerung.
Es naht die sporthistorische 106. Minute. Siggi Held, der ewige Gefahrenherd vor dem Liverpooler Tor, geht einmal mehr steil und zieht couragiert ab. Das Leder trifft die Brust des englichen Keepers Lawrence und springt 25 Meter ins Spielfeld zurück.
Dort steht Reinhard „Stan“ Libuda, Borussias Rechtsaußen, und schlenzt gekonnt einen Heber wie eine Bogenlampe in Richtung des gegnerischen Tores, denn Liverpools letzter Mann ist noch nicht wieder in seinem Gehäuse. Der Ball prallt links oben an den Pfosten, von dort aus an die Brust von Mittelläufer Yeats und landet dann im Tor des konsternierten englischen Spitzenclubs. 2:1 für den BVB, der sich bislang, speziell in der Abwehr, mehr als wacker geschlagen hat. Die verbleibenden 14 Minuten überstehen die Schwarz-Gelben mit Kampfkraft und Geschick und avancieren durch den sensationellen Treffer Libudas zu Deutschlands erstem Europapokalsieger überhaupt.
Das ist bis dato nach dem WM-Triumpf 1954 der größte Erfolg einer deutschen Fußball-Mannschaft nach dem 2. Weltkrieg überhaupt.
Reinhard Libuda, der Torschütze des Siegtreffers, wird vor genau 80 Jahren am 10. Oktober 1943 in Wendlinghausen geboren.
Sein atemberaubendes fußballerisches Talent findet schon in der Jugend des FC Schalke 04, in der er bald herausragt, viele Bewunderer.
Von 1961 – 1965 spielt Libuda in der „Ersten“ der Knappen und avanciert 1963 zum Nationalspieler. Bald nennt man den Superdribbler nur noch „Stan“, weil er ähnlich wie der Weltstar Sir Stanley Matthews von der britischen Insel agiert und mit dessen Spezialtrick „a la Libuda“ seine Gegenspieler namens Kurbjun, Höttges, Bene und Piontek regelrecht zur Verzweiflung bringt.
Als er 1965 vom Schalker Markt zum Borsigplatz wechselt, ist das für die Fans der Knappen fast ein Sakrileg und führt zu harschen Reaktionen, zumal der Meisterkicker in Gelsenkirchen wohnen bleibt..
Beim BVB passt der wieselflinke Dribbelkönig gut ins Team und lässt sich insbesondere von Spielmacher Aki Schmidt gern und gekonnt ins Szene setzen.
Stan Libudas Zeit beim BVB endet 1968. Es zieht den bodenständigen Rechtsaußen wieder an den Schalker Markt zurück.
Sein wichtigster Auftritt in der Deutschen Nationalmannschaft folgt 1969 im WM-Qualifikationsspiel gegen Schottland, in dem er nach einem sehenswerten Solo über 60 Meter das spielentscheidende 3:2 für Deutschland erzielt. Damit öffnet er das Tor zur WM in Mexico. Nach dem dritten Platz Deutschlands bei dieser WM erhält Libuda gemeinsam mit seinen Kameraden aus der Nationalmannschaft das „Silberne Lorbeerblatt“ und damit die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik für einen Sportler.
1971 ist Libuda mit in den Schalker Bundesligaskandal verwickelt, der einen Schatten auf seine Karriere wirft. Nach einer Zwischenepisode bei Racing Straßburg beendet der großartige Flügelflitzer 1976 beim FC Schalke 04 seine fußballerische Karriere.
Sein Privatleben ist von vielen Sorgen und Problemen geprägt, die finanzielle Situation latent schwierig. Über mehrere Jahre arbeitet er im Lager der Druckerei Mackossa in Gelsenkirchen, in der auch der BVB-Report gedruckt wird. Mit seinem viel zu frühen Tod am 25.8.1996 endet das Leben eines begnadeten Fußballers, dessen privates Schicksal leider nicht mit seinen Erfolgen auf dem grünen Rasen Hand in Hand ging.
Für den BVB ist Reinhard „Stan“ Libuda eine Vereinslegende „für immer und ewig.“ Das drückt sich auch darin aus, dass sein berühmtes Siegtor zum 2:1 über den FC Liverpool im Jahre 2009 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Schwarz-Gelben hinter dem fast identisch erzielten Treffer von Lars Ricken im Champions-League-Endspiel 1997 auf dem zweiten Platz landet.
Heute wäre Reinhard Libuda 80 Jahre alt geworden. Der BVB gedenkt seiner in großer Anerkennung und Dankbarkeit.