Nach dem 2. Weltkrieg machte es sich der BVB in Absprache mit Oberbürgermeister Fritz Henßler und Oberstadtdirektor Wilhelm Hansmann, die beide zu den Verfolgten des Nazi-Regimes gehörten, zur Aufgabe, Brücken zu den ehemaligen Kriegsgegnern zu schlagen und sowohl in Dortmund als auch im Ausland Freundschaftsspiele bevorzugt gegen englische und französische Mannschaften zu absolvieren. Der BVB wurde mit dem Segen der Stadtoberen dadurch so etwas wie der heimliche Außenminister Dortmunds.

Zu den Teams, die im Rahmen dieser Mission im Stadion Rote Erde gegen die Schwarz-Gelben antraten, gehörte am 7. 6. 1952 auch der französische Erstligist Stade Reims. 15.000 Fans kamen in die „Kampfbahn“, und niemand wurde enttäuscht. Der BVB gewann in einer begeisternden Partie mit zahlreichen Höhepunkten gegen die Profis aus dem Nachbarland letztlich verdient mit 4:2.

Niepieklo (2), Schanko und Erdmann erzielten die Treffer für den BVB. Die beiden Tore für den Gast markierte ein gewisser Raimond Kopa, Sohn polnischer Einwanderer nach Frankreich und gerade einmal 20 Jahre jung, der exzellent aufspielte und mit herrlichen „Rastelli-Tricks“ die Besucher begeisterte.

Dieser Raimond Kopa, Geburtsname Kopaszewski (13. 10. 193 – 3. 3. 2017), war einer der besten Kicker der gesamten Geschichte des Fußballs. Seine eindrucksvolle sportliche Vita in Stichworten:

Französischer Nationalspieler, französischer Meister 1953, 1955, 1960 und 1962, drei Mal Frankreichs Sportler/Fußballer des Jahres, spanischer Meister mit Real Madrid 1957 und 1958, Gewinner des Europapokals der Landesmeister mit Real Madrid 1957, 1958 und 1959, Europas Fußballer des Jahres 1958 und 1970 - praktisch als Krönung einer einzigartigen Karriere - Ritter der französischen Ehrenlegion und damit in den Adelsstand erhoben, vergleichbar mit dem englischen „Sir“. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac beförderte ihn 2077 sogar vom Ritter der Ehrenlegion zum „Offizier“. Kopa war ohne Frage Frankreichs erster „Sonnenkönig“ des Fußballs, lange vor Michel Platini und Zinedine Zidane.

Raimond Kopa, als Underdog und Migrant eigentlich ohne Perspektive in der neuen Heimat Frankreich, legte einen außergewöhnlichen Ehrgeiz an den Tag und schaffte einen geradezu sagenhaften sportlichen und gesellschaftlichen Aufstieg. Ausgestattet mit einem starken sozialen Gewissen, engagierte er sich später nachdrücklich für die Belange unterprivilegierter Zeitgenossen.

In diesem Zusammenhang sei einmal ein Blick auf weitere herausragende internationale Superstars gestattet, die zwischen 1926 und 1974 in der „Roten Erde“ zu Gast waren. Bernd Trautmann (Man City), Lorenzo Buffon (AC Mailand), Wladimir Beara (Roter Stern Belgrad), Bobby Moore (West Ham United), Giacinto Faccheti (Inter Mailand) Tarcisio Burgnich

(Inter), Martin Peters (West Ham United), Matthias Sindelar (Austria (Ostmark) Wien), Nils Liedholm  (AC Mailand),  Dennis Law  (ManU), Duncan Edwards (ManU), Tommy Taylor (ManU), George Best (ManU), Josef Masopust (Dukla Prag), Branko Zebec (Partizan Belgrad) und Luis Suarez (Inter Mailand) gehören dazu und seinen hier beispielhaft genannt.

Zu jedem dieser Weltklasse-Kicker könnte man ein ganzes Buch schreiben; jeder von ihnen hat nationale und internationale Titel zuhauf gesammelt. Drei bislang noch nicht aufgeführte „Helden des runden Leders“ wollen wir im Kontext mit  Raimond Kopa etwas ausführlicher vorstellen, denn sie wurden ebenso wie der legendäre Franzose in ihrem Heimatland England in den Adelsstand erhoben und durften sich anschließend stolz „Sir“ nennen:

Sir Alf Ramsey, Tottenham Hotspur: Englischer Nationalspieler, Englischer Meister 1951 mit Tottenham Hotspur, Trainer der englischen Weltmeister-Mannschaft 1966. Bekanntester Spruch: „Never change a winning Team“.

Der großartige Abwehrspieler kam 1950 mit Tottenham nach Dortmund und siegte in der Roten Erde mit 4:1. Später berichtete er aber, dass der BVB so eindrucksvoll agiert habe, dass sich die „Spurs“ den Borussen-Stil zum Vorbild für die eigene Spielweise gemacht hätten. Mit Erfolg, denn die „Heißsporne“ wurden 1953 mit dem „BVB-Stil“ englischer Meister.

Sir Bobby Charlton, Manchester United (auf dem Foto oben rechts): Englischer Nationalspieler, Weltmeister 1966,Gewinner des Europapokals der Landsmeister 1968, englischer Meister 1957, 1965, 1967, Gewinner des FA Cup 1963, englischer Fußballer des Jahres 1966, Europas Fußballer des Jahres 1966.

Sir Bobby saß 1956 im ersten BVB-Spiel im Europapokal der Landesmeister 1956 beim 0:0 seines Teams Manchester United in Dortmund als Youngster noch auf derErsatzbank.

Am 11. 11. 1964 allerdings, beim 6:1-Sieg seines Teams über den BVB im Messepokal, zog er im Mittelfeld meht als nur gekonnt die strategischen Fäden. Im Februar 1958 überlebte er im Gegensatz zu vielen seiner Mitspieler den schrecklichen Flugzeugabsturz in München-Riehm, an den noch heute höchst eindrucksvoll im ManU-Stadion Old Trafford erinnert wird. .

Sir Geoffrey Hurst, West Ham United: Englischer Nationalspieler, Weltmeister 1966, erster Spieler, der in einem WM-Endspiel drei Tore (laut Hans Tilkowski zwei) erzielte,Gewinner des Europapokals der Pokalsieger 1965 und des englischen FA Cups 1964.

Sir Geoffrey dürfte keine so guten Erinnerungen an die Rote Erde haben, schied er doch hier mit West Ham im Frühjahr 1966 im Halbfinale des Europapokals der Cupsieger mit 1:3 aus dem Wettbewerb aus. Der BVB gewann anschließend am 5. 5. 1966 das Finale in Glasgow mit 2:1 gegen den FC Liverpool und holte damit als erste deutsche Mannschaft einen Europapokal.