Es war exakt 17.45 Uhr an diesem Fußball-historisch denkwürdigen 28. Juli 1962, als sich „die letzte Wortmeldung” im Goldsaal der Westfalenhalle erhob. Hermann Neuberger, Repräsentant des saarländischen Fußballs, machte sich auf zum Rednerpult, um sein Schlussplädoyer in Sachen „Einführung einer eingleisigen Fußball-Bundesliga” zu halten. Sein Plenum: Der 14. DFB-Bundestag mit seinen 129 Delegierten.

Neuberger war ein langjähriger Befürworter dieser Idee und wollte jetzt die entscheidenden Pluspunkte für die Abstimmung sammeln. Franz Kremer, Mitstreiter in der Sache und Präsident des 1. FC Köln, nickte ihm aufmunternd zu. Ebenso Bundesstrainer Sepp Herberger, der hoffte, von der angestrebten Regelung für die Nationalmannschaft profitieren zu können.

Neuberger gingen die letzten Jahre kurz durch den Kopf: Er hatte sich schon 1955, unmittelbar nach dem mit 2:3 verlorenen Länderspiel gegen die UdSSR in Moskau, leidenschaftlich für eine einteilige Bundesliga mit Lizenzspielern ausgesprochen. Das System der Oberligen war aus seiner Sicht antiquiert.

Es vereinigte nicht die besten bundesrepublikanischen Teams in einer Liga. Deshalb war die Spielstärke insgesamt in der Bundesrepublik nicht so, wie sie sein konnte und im internationalen Vergleich sein sollte, um weiterhin auch bei Weltmeisterschaften „oben” mitspielen zu können.

Es begann eine jahrelange Diskussion über das Pro und Contra der „revolutionären” Initiative. Franz Kremer, der weitsichtige Kölner Präsident, versuchte immer wieder, die Bundesliga zu forcieren. Aber die mächtigen Vereinspräsidenten aus dem Süden zeigten sich sperrig und wehrten die zukunftsorientierten Vorstöße schroff ab. Was sollte das schon bringen, wenn Nürnberg gegen Hamburg, Dortmund gegen München oder Schalke gegen Stuttgart spielen würde? Stundenlange Busreisen mit teuren Hotelübernachtungen und ähnliches mehr waren ein geradezu ätzender Gedanke für die „Südlichter”.

Alle diese Argumente waren in den letzten sieben Stunden auch im Goldsaal ausgetauscht worden. Der Süden hatte dabei wieder geharnischte Attacken gegen die Bundesliga mit ihren Lizenzspielern geritten. Und nun also Hermann Neuberger. Dieser war in rhetorischer Topform und hielt eine 35-minütige zündende Rede. Taktisch war sein Schlusspunkt unter die Diskussion klug angelegt, ja, ein Meisterstück. Alles, was der Süden vorgebracht hatte, konnte er auf den Punkt gebracht ausgehebeln.

Danach die Abstimmung: 103 gegen 26 Stimmen für die Einführung der Bundesliga von der Saison 1963/64 an. Auch die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit war locker erreicht worden. Jubel bei Neuberger und Co.

Letzter Deutscher Meister „alter Art“ wurde bekanntlich der BVB, der 1963 den 1.FC Köln im Stuttgarter Endspiel mit 3:1 bezwang. Köln wiederum hielt sich im ersten Bundesligajahr schadlos und erkämpfte 1964 in souveräner Manier die Meisterschale.